1.3 Astronomische Koordinatensysteme
Abb.: Veranschaulichung der Bewegung von Gestirnen am Tischplanetarium
1.3.1 Das Horizontsystem (Höhe h, Azimut A)
Dieses Koordinatensystem nimmt als Grundlage seiner Koordinatenzählung
Horizontebene und Zenit des Beobachters.
Der Winkel, unter dem ein Gestirn gegen die Horizontebene erscheint, wird als
Höhe h bezeichnet und von 0° bis +90° (Zenit) oder
-90° (Nadir) gezählt. Nur entlang eines Horizontalkreises,
dessen Ebene parallel zur Horizontalebene verläuft, ist die Höhe
konstant. Allerdings fällt für einen Beobachter mit
j ¹ 90°
kein Horizontalkreis mit der Sternbahn zusammen, da die Bahnebene des Sterns
senkrecht zur Polachse steht.
Abb.: Das Horizontsystem
Die Großkreise, die vom Zenit zum Nadir verlaufen und die Horizontalkreise
senkrecht schneiden, werden Vertikalkreise genannt. Derjenige Vertikalkreis,
der sich als Projektion des Ortsmeridians des Beobachters auf die Sphäre
ergibt, heißt Himmelsmeridian. Er verläuft durch Zenit, Nadir und die
Himmelspole.
Dieser Himmelsmeridian schneidet den Horizont im Nordpunkt N und Südpunkt S.
Der in der Horizontebene gemessene Winkel zwischen Nordpunkt und Vertikalkreis
des Sterns ist die zweite Koordinate, der Azimut A. Der Drehsinn ist von
Norden (0° ) über Osten (90° ) nach Süden
(180° ) festgelegt.
Auf der scheinbaren Bahn an der Sphäre erreicht ein Stern seine kleinste und
größte Höhe (obere und untere Kulmination) jeweils dann, wenn er den
Himmelsmeridian durchläuft.
Der Vorteil dieses Koordinatensystems liegt darin, dass es dem System des
Beobachters am besten angepasst ist; als Nachteil ändern sich jedoch die
Koordinaten eines Stern ständig.
Das Koordinatensystem ist günstig für eine sog. azimutale Montierung eines
Fernrohres, d.h. die feste Achse, um die das Fernrohr gedreht wird, zeigt zum
Zenit.
1.3.2 Das feste Äquatorsystem (Stundenwinkel t, Deklination d)
Als Bezugsebene wird die Himmels-Äquatorebene gewählt. Da diese senkrecht
zur Polachse steht, bleibt ein Stern bei seiner täglichen Bewegung parallel
zur Äquatorebene auf seinem Parallelkreis. Sein Winkelabstand vom Äquator,
die Deklination d des Sterns, bleibt also konstant.
Abb.: Die Äquatorsysteme
Der Großkreis der Sphäre der durch den Nordpol und den Stern verläuft
heißt Stundenkreis. Der Winkel zwischen dem Himmelsmeridian und dem
Stundenkreis wird Stundenwinkel t genannt. Zu seiner Zählung wird nicht
das übliche Winkelmaß verwendet, sondern das Stundenmaß von 0 h bis
24 h, wobei 360° genau
24 h entspricht. Wegen seines speziellen Maßes gibt der Stundenwinkel t
automatisch die Zeit nach der oberen Kulmination eines Sterns an !
Der Vorteil dieses Koordinatensystems liegt darin, dass die Deklination eines
Sterns konstant bleibt; als Nachteil muss allerdings der Stundenwinkel für
jeden Ort und jede Zeit angegeben werden können.
Das Koordinatensystem ist günstig für eine sog. parallaktische Montierung
eines Fernrohres, d.h. die feste Achse um die das Fernrohr gedreht wird zeigt
zum Himmelsnordpol. Bei dieser Montierung eines Fernrohres kann also die
Deklination eines Sterns während der Beobachtung fest eingestellt bleiben.
1.3.3 Das bewegliche Äquatorsystem (Deklination d, Rektaszension a)
Zum Katalogisieren von Sternen wünscht man sich eine festbleibende zweite
Koordinate. Hierzu wird eine (einmal willkürliche) Bezugsmarke auf dem
Himmelsäquator vereinbart. Die Bezugsmarke ist der sog. Frühlingspunkt
g.
(Die Sonne steht genau am Frühlingsanfang und Herbstanfang am
Himmelsäquator. Die Ekliptik schneidet den Äquator im Frühlingspunkt und
Herbstpunkt. Der Frühlingspunkt liegt im Sternbild Fische)
Der auf dem Himmelsäquator vom Frühlingspunkt g zum Stundenkreis
des Sterns gemessene Winkel heißt Rektaszension a. Dieser bleibt
konstant, da sich für den Beobachter der Frühlingspunkt g, genauso
wie der Stundenkreis, mitbewegt.
Die Rektaszension a wird - wie der Stundenwinkel t - von 0 h bis
24 h angegeben.
1.4 Die Kulmination eines Sterns
Der obere Kulminationspunkt ist der höchste Punkt der Bahn eines Sterns.
Dieser Punkt liegt ebenso, wie der tiefste Bahnpunkt, der untere
Kulminationspunkt, auf dem Himmelsmeridian.
Der Stundenwinkel t gibt die Zeit an, die seit der oberen Kulmination des
Sterns verflossen ist.
Abb.: Die Kulmination eines Sterns
Es gilt aufgrund der Geometrie:
oder wegen hÄ = 90° -|j| :
d ist die Deklination des Sterns;
j ist die geograph. Breite des Beobachters.
Aufgabe:
Welche Bedingung muss ein Stern erfüllen, um in Bamberg - geograph. Breite
j = 49,9°, geograph. Länge l = 10,9° -
sichtbar zu sein ?
Ein stets sichtbarer Stern heißt zirkumpolar. Seine untere Kulmination muss
sich über dem Horizont ereignen.
Für Bamberg muss also d ³ 40,1° sein.
Ein Stern wird sichtbar, wenn sich seine obere Kulmination über dem Horizont
ereignet.
Für Bamberg muss also d ³ -40,1° sein.
Ein Stern wird nie sichtbar, wenn sich seine obere Kulmination unter dem
Horizont ereignet.
Ein auf dem Himmelsäquator stehender Stern geht exakt im Osten auf,
kulminiert im Süden und geht exakt im Westen unter. Für einen Stern
mit rücken der Auf- und Untergangspunkt weiter nach
Norden, für d < 0° weiter nach Süden.
Zwei Orte mit gleicher geographischer Länge liegen auf demselben Längenkreis
und besitzen folglich auch denselben Himmelsmeridian. Daher kulminiert für
beide Orte ein bestimmter Stern auch zum gleichen Zeitpunkt.
Für weiter östlich gelegene Orte treten Aufgang, Kulmination und Untergang
früher ein. Für den Zeitunterschied Dt gilt wegen der Erddrehung
für den geographischen Längenunterschied Dl:
(Der Einfluss der geographischen Breite auf Auf- und Untergangszeit ist bei
dieser Abschätzung nicht berücksichtigt, d.h. die Formel gilt streng
genommen nur für Orte gleicher geographischer Breite.)
Aufgabe:
Der sehr helle Fixstern Sirius (Hauptstern des Großen Hundes) hatte vor
3 h 37 min seinen höchsten Stand erreicht. Die obere Kulmination des
Frühlingspunktes ereignete sich vor 10 h 22,1 min. Welche Rektaszension hat
Sirius ?
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Geg.: t = 3 h 37 min ; t+a = 10 h 22,1 min |
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Lös.: a = (t+a)-t = 10 h 22,1 min-3 h 37 min = 6 h 45,1 min |
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Aufgabe:
Der Stern z-Aquarius befindet sich auf dem Himmelsäquator.
(a) Welche maximale Höhe erreicht der Stern in Bamberg
(j = 49,9°) ?
(b) Welche Höhe erreicht der Stern in Bamberg bei den Stundenwinkeln
0 h, 6 h, 12 h und 18 h ?
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Geg.: d = 0° (Himmelsäquator!) ; j = 49,9° |
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Lös.: ho = d+ hÄ = d+90°-|j| = 90°-49,9° = 40,1° |
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bei t= 0 h | : | obere Kulmination | h = 40,1° | |
bei t= 6 h | : | Untergang | h = 0° | |
bei t=12 h | : | untere Kulmination | h = -40,1° | (nicht sichtbar!) |
bei t=18 h | : | Aufgang | h = 0° | |
Aufgabe:
Für welche Orte auf der Erde ist der Hauptstern des Sternbildes Kreuz des
Südens, a-Crucis (a = 12 h 27 min,
d = -63° 6¢), niemals sichtbar ?
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Geg.: d = -63° 6¢ = -63,1° ; ho < 0° |
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Lös.: Für diese Orte muss sich die obere Kulmination unter dem Horizont ereignen. |
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ho < 0° Û d+(90°-|j|) < 0° |
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An allen Orten auf der Nordhalbkugel der Erde mit einer größeren geograph.
Breite als 26,9° ist a-Crucis niemals sichtbar.
Aufgabe:
Für welche Orte auf der Erdoberfläche ist das gesamte Sternbild der Leier
(Lyra), das sich von d = 32,7° bis d = 44,0°
erstreckt, ganzjährig sichtbar ?
Abb.: Sternbild Lyra im elektronischen Himmelsatlas
Abb.: CCD-Aufnahme des Sternbildes der Leier
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Geg.: dk = 32,7° ; dg = 44,0° ; hu ³ 0° (zirkumpolar!) |
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Lös.: Ist der Stern mit der kleineren Deklination am Horizont, |
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so ist der Stern mit der größeren Deklination über dem Horizont. |
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hku ³ 0° Û dk - (90° - |j|) ³ 0° |
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An allen Orten der nördlichen Halbkugel, deren geographische Breite
mindestens 57,3° beträgt, ist das Sternbild Leier ganzjährig
sichtbar.
Aufgabe:
Für den Stern Capella (= a-Auriga, Hauptstern des Sternbildes
Fuhrmann) wird an einem Beobachtungsort die obere Kulmination bei
87,6° und die untere Kulmination bei 4,4° gemessen.
Welche geographische Breite besitzt der Beobachtungsort und wie groß ist
die Deklination von Capella ?
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Geg.: hu = 4,4° ; ho = 87,6° ; j ³ 0° (Nordhimmel!) |
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ho+hu = 2 ·dÛ d = |
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·(ho + hu) |
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ho-hu = 2 ·(90° - j) Û j = 90° - |
1 2
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·(ho - hu) |
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mit den gegebenen Zahlenwerten folgt: |
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Die Deklination von Capella beträgt 46,0°.
Der Beobachtungsort hat die geographische Breite von 48,4°, d.h.
er liegt auf dem Breitenkreis, der durch Augsburg und Wolgograd
verläuft.
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